Gesetzesentwurf Wasserstoffregulierung

Vor drei Wochen berichtete ich an dieser Stelle über den Referentenentwurf des Wirtschaftsministeriums zur Wasserstoffregulierung. In leicht veränderter Fassung hat das Kabinett den Entwurf nun als Gesetzesentwurf beschlossen. Dieser wird nun dem Bundesrat und Bundestag zugehen, bevor er Gesetz werden kann. Die Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf betreffen vor allem die gesellschaftsrechtliche Entflechtung. Hiergegen waren die Energieverbände in der Anhörung Sturm gelaufen.

Der Gesetzesentwurf steht auf der Seite des Ministeriums (hier!) zum Download bereit.

EnWG auch nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts unionsrechtswidrig

Schon im Oktober 2019 hatte ich berichtet, dass die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gezogen ist (C-718/18). Grund: Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist ihrer Ansicht nach unionsrechtswidrig, da es die Gasrichtlinie 2009/73/EG (GasRL) nicht korrekt in nationales Recht umsetzt. Nun sprang ihr in seiner schriftlichen Stellungnahme auch der Generalanwalt bei. In seinem Schlussantrag fordert er den EuGH auf, der Klage der Kommission in allen vier Punkten stattzugeben. Auch seiner Auffassung nach ist das EnWG unionsrechtswidrig.

In meinem letzten Beitrag hatte ich mich auf die Rüge konzentriert, dass die Definition des Fernleitungsnetzbetreibers (FNB) in § 3 Nr. 5 EnWG von jener in Art. 2 Nr. 4 GasRL abweicht. Viel heißer von der Öffentlichkeit diskutiert wird jedoch die Rüge, dass die Bundesnetzagentur (BNetzA) nicht so unabhängig sei, wie von Art. 41 GasRL gefordert. Stattdessen räume § 24 EnWG der Bundesregierung Regelungskompetenzen ein, die sie mit der NZV, NEV und ARegV auch genutzt habe.

Eine weitere Rüge betrifft den räumlichen Anwendungsbereich der Entflechtungsvorgaben. Sie dürfte insbesondere auf Gazprom und die deutsche FNB-Tochter Gascade abzielen. Die vierte Rüge betrifft den personellen Anwendungsbereich der Entflechtung. Denn gemäß Art. 19 GasRL dürfen die Angehörigen eines FNB keine Anteile des Mutterkonzerns halten, wenn dieser mit Energie handelt. In Deutschland gilt dieses Verbot jedoch nur für Mitglieder der Unternehmensleitung.

In nachfolgender Slide habe ich die vier Rügen einmal kompakt und übersichtlich dargestellt. Sie steht hier auch als PDF zur Verfügung. Für die Rüge der mangelhaften Unabhängigkeit der BNetzA habe ich außerdem die wichtigsten Argumente der beiden Seiten dargestellt.

C-718/18 COM vs GER EnWG

Referentenentwurf zur Wasserstoffregulierung

Ein brandneuer Referentenentwurf aus dem Wirtschaftsministerium widmet sich der Regulierung von Wasserstoffnetzen im EnWG. Neben weiteren Änderungen (unter anderem zur netzdienlichen Anbindung von Elektrofahrzeugen) definiert der Entwurf den Begriff der Wasserstoffnetze (und ihrer Betreiber), und führt sie einer Regulierung zu. Der Entwurf kann hier abgerufen werden. In Kürze die maßgeblichen Exzerpte:

Wasserstoff und Gas (§ Nr. 14 n.F. und 19a EnWG)

Die von der Industrie bevorzugte Einbeziehung von Wasserstoff in den Gasbegriff ist nicht in dem Referentenentwurf zur Wasserstoffregulierung vorgesehen. Stattdessen wird Wasserstoff in der Definition der Energie in § 3 Nr. 14 EnWG selbständig neben Elektrizität und Gas stehen. Das ist deshalb kurios, weil aus Elektrolyse gewonnener Wasserstoff ja bereits Gas im Sinne des § 3 Nr. 19a EnWG darstellt, und diese Vorschrift auch nicht angepasst werden soll.

Wasserstoffnetz und Betreiber (§ 3 Nr. 39a und 10b EnWG n.F.)

Ein Wasserstoffnetz ist „ein Netz zur Versorgung von Kunden mit Wasserstoff, das von der Dimensionierung nicht von vornherein nur auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmbarer Kunden ausgelegt ist, sondern grundsätzlich für die Versorgung jedes Kunden offensteht“.

Betreiber von Wasserstoffnetzen ist jede „natürliche oder juristische Personen, die die Aufgabe des Transports von Wasserstoff wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Wasserstoffnetzes“.

Energiespeicheranlagen (§§ 11a und 11b EnWG n.F.)

„Der Betreiber eines Elektrizitätsversorgungsnetzes kann die Errichtung, die Verwaltung und den Betrieb einer Energiespeicheranlage, die elektrische Energie erzeugt [z.B. ein Elektrolyseur mit H2-Speicher und Brennstoffzelle], in einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren ausschreiben … [er] darf abweichend von Teil 2 Abschnitt 2 und 3 ausnahmsweise Eigentümer von Energiespeicheranlagen, die elektrische Energie erzeugen, sein oder solche Anlagen errichten, verwalten oder betreiben, wenn er dies bei der Regulierungsbehörde beantragt hat und diese ihre Genehmigung erteilt hat…“

Regulierung von Wasserstoffnetzen (§§ 28j ff. EnWG n.F.)

„Betreiber von Wasserstoffnetzen können gegenüber der Bundesnetzagentur schriftlich erklären, dass ihre Wasserstoffnetze der Regulierung nach diesem Teil unterfallen sollen. Die Erklärung wird wirksam, wenn erstmalig eine positive Bedarfsprüfung nach § 28p vorliegt. Die Erklärung gilt ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit unbefristet für den gesamthaften Betreiber von Wasserstoffnetzen …

§ 6b [die buchhalterische Trennung im vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen] gilt entsprechend. [redundant, siehe § 28l EnWG n.F.] …

Betreiber von Wasserstoffnetzen, die neben dem Betrieb von Wasserstoffnetzen weitere Tätigkeiten ausüben, haben zur Vermeidung von Diskriminierung und Quersubventionierung in ihrer internen Rechnungslegung ein eigenes Konto für die Tätigkeit des Betriebs von Wasserstoffnetzen so zu führen, wie dies erforderlich wäre, wenn diese Tätigkeit von rechtlich selbständigen Unternehmen ausgeführt würde. …“

Entflechtung (§ 28 l EnWG n.F.)

„Betreiber von Wasserstoffnetzen sind zur Gewährleistung von Transparenz sowie diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs verpflichtet. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sie die Unabhängigkeit des Netzbetriebs von der Wasserstofferzeugung, der Wasserstoffspeicherung sowie vom Wasserstoffverbrauch sicherzustellen. Betreibern von Wasserstoffnetzen ist es nicht gestattet, Eigentum an Anlagen zur Wasserstofferzeugung, zur Wasserstoffspeicherung, zum Wasserstoffverbrauch und Anlagen zur Einspeisung von Gas in Gasversorgungsnetze zu halten oder diese zu errichten oder zu betreiben.

Energieversorgungsunternehmen haben sicherzustellen, dass Betreiber von Wasserstoffnetzen, die mit ihnen vertikal oder horizontal verbunden sind, hinsichtlich ihrer Rechtsform unabhängig von anderen Tätigkeitsbereichen der Energieversorgung sind.

Unbeschadet gesetzlicher Verpflichtungen zur Offenbarung von Informationen haben Betreiber von Wasserstoffnetzen sicherzustellen, dass die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen gewahrt wird, von denen sie in Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit Kenntnis erlangen. Legt ein Betreiber von Wasserstoffnetzen Informationen über die eigenen Tätigkeiten offen, haben sie zu gewährleisten, dass dies diskriminierungsfrei erfolgt. Sie stellen insbesondere sicher, dass wirtschaftlich sensible Informationen gegenüber verbundenen Unternehmen vertraulich behandelt werden.“

Anschluss und Zugang (§ 28m EnWG n.F.)

„Betreiber von Wasserstoffnetzen haben Dritten den Anschluss und den Zugang zu ihren Wasserstoffnetzen zu angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen zu gewähren, sofern dies für Dritte erforderlich ist. Der Netzzugang, einschließlich der damit zusammenhängenden Fragen des Netzanschlusses, ist im Wege des verhandelten Zugangs zu gewähren.

Betreiber von Wasserstoffnetzen können den Anschluss oder den Zugang nach Absatz 1 verweigern, soweit sie nachweisen, dass ihnen der Anschluss oder der Zugang aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist …“

Entgelte (§ 28n EnWG n.F.)

„Für die Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang zu Wasserstoffnetzen gilt § 21 [angemessen, diskriminierungsfrei, transparent, marktüblich, effizient] nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 entsprechend. Die Anreizregulierung nach § 21a sowie die Genehmigung von Entgelten nach § 23a findet auf Betreiber von Wasserstoffnetzen keine Anwendung. Die Kosten werden jährlich anhand der zu erwartenden Kosten für das folgende Kalenderjahr sowie der Differenz zwischen den erzielten Erlösen und den tatsächlichen Kosten des jeweiligen Vorjahres ermittelt und über Entgelte erlöst. Kosten dürfen nur insoweit geltend gemacht werden, als eine positive Bedarfsprüfung nach § 28p vorliegt. Die Kosten nach Satz 3 werden durch die Bundesnetzagentur nach § 29 Absatz 1 festgelegt oder genehmigt…“

Umrüstung von Erdgas- zu Wasserstoffleitungen (§ 113b EnWG n.F.)

„Die Umrüstung bestehender Erdgasleitungen, die in einem nach § 43 durchgeführten Planfeststellungsverfahren genehmigt wurden, auf den Transport von Wasserstoff bedarf einer Zulassung im Wege eines Anzeigeverfahrens nach Maßgabe des § 43f. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist nicht durchzuführen

Die nach § 4 des Bundesimmissionsschutzgesetzes für Verdichterstationen erlassenen Genehmigungen, die im Zuge der Umrüstung des Netzes oder einer Leitung auf den Transport von Wasserstoff nicht ausgetauscht werden müssen, gelten nach einer solchen Umrüstung fort. Der Betreiber zeigt die Änderung des Mediums der zuständigen Behörde spätestens einen Monat vor der Umrüstung an.“

Emissionsfaktor von Biogas im ETS

CO2 zu emittieren ist teuer. Der Spotpreis für EUA, also für Europäische Allowances für die Emission von Treibhausgasen, beträgt derzeit rund 80€/t. Mit dem Einsatz von Biogas anstelle von Erdgas lässt sich daher Geld sparen. Denn anders als bei Erdgas mit seinem Emissionsfaktor von 56,1 t/TJ zählt die Verbrennung von chemisch fast identischem Biogas als CO2-neutral – für seinen Einsatz müssen Betreiber daher keine EUAs abzugeben. So lassen sich mit Biogas pro GWh eingesetzter Energie über 16.000 € ETS-Kosten sparen. Dies ist umso interessanter, als der Preis von Biogas sich inzwischen kaum noch von jenem für Erdgas unterscheidet (sie sind beide extrem hoch, das Bio-Zertifikat fällt mir einem Aufschlag von rund 1€ kaum ins Gewicht).

2022: Normales Biogas zählt noch als CO2-neutral

Ab 2022 sollten die zu beachtenden Anforderungen aber eigentlich deutlich strenger werden. Infolge einer Änderung der Monitoring and Reporting Regulation (MRR) sollte künftig nur noch solches Biogas als CO2-neutral gelten, das unter Einhaltung der strengen Nachhaltigkeitskriterien der RED2 produziert wurde – siehe sogleich weiter unten. Allerdings gibt es kaum Anlagen im Markt, die diese Kriterien überhaupt erfüllen. Das dort produzierte Biomethan wäre seinerseits sehr teuer; man könnte zwar ETS-Kosten sparen mit Biogas, müsste bei der Commodity aber wiederum draufzahlen.

Erfreulicherweise hat die EU-Kommission den Mangel an zertifizierten Betrieben erkannt und die MMR geändert: Im Jahr 2022 dürfen die Mitgliedsstaaten von der Anwendung der strengen RED2 Anforderungen noch einmal absehen. In Deutschland macht die DEHSt für feste und gasförmige Biomasse von diesem Recht Gebrauch. Das bedeutet: In diesem Jahr können noch auch mit normalem, d.h. nicht RED2-zertifiziertem Biogas ETS-Kosten gespart werden.

Ab 2023: Biogas muss RED2-konform sein

Ab 2023 gelten die Regeln der MMR, also der Monitoring and Reporting Regulation (EU) 2018/2066 über die Ermittlung der Emissionen von dem Europäischen Emissionshandel (ETS) unterliegenden Anlagen, in neuer Gestalt. Neben dem üblichen Feintuning kümmert sich die Änderung vor allem um den Emissionsfaktor von Biogas und anderer Biomasse. Diesen regelt die MRR künftig deutlich umfangreicher, leider aber keinesfalls klarer.

Der Verweis auf Herkunftsnachweise wird nun zwar nicht mehr auf das System für grüne(n) Strom, Wärme und Kälte eingeschränkt; ein unionsweites System von Herkunftsnachweisen für Biogas wurde aber nicht eingeführt. Stattdessen kamen neue Anforderungen hinzu, die die Anerkennung von Null-Emissionen-Biogas weiter verkomplizieren: Der neue Art. 39 Abs. 4 MRR wird wie folgt lauten:

Der Anlagenbetreiber kann den Biomasseanteil anhand von Rechnungsunterlagen über den Erwerb von Biogas mit gleichem Energiegehalt bestimmen, sofern er der zuständigen Behörde glaubhaft nachweist, dass

a) ein und dieselbe Biogasmenge nicht doppelt gezählt wird, insbesondere, dass niemand anderes angibt, das erworbene Biogas zu verwenden; dieser Nachweis kann durch die Vorlage eines Herkunftsnachweises im Sinne von Artikel 2 Nummer 12 der Richtlinie (EU) 2018/2001 [RED II] erbracht werden [elektronisches Dokument, das ausschließlich als Nachweis gegenüber einem Endkunden dafür dient, dass ein bestimmter Anteil oder eine bestimmte Menge an Energie aus erneuerbaren Quellen produziert
wurde];

b) der Anlagenbetreiber und der Produzent des Biogases an dasselbe Gasnetz angeschlossen sind. [es dürfte sich um kumulative Voraussetzungen handeln, da die Vermeidung einer Doppelzählung systemisch unverzichtbar ist; der Begriff des Gasnetzes ist leider nicht definiert, sodass die grenzübergreifende Anerkennungsfähigkeit sich nur mittelbar aus Art. 38 Abs. 5 UAbs. 4 MRR ergibt]

Zum Nachweis der Einhaltung dieses Absatzes kann der Anlagenbetreiber auf die Daten zurückgreifen, die in einer von einem oder mehreren Mitgliedstaaten eingerichteten Datenbank gespeichert sind, die die Rückverfolgung der Weiterleitung von Biogas ermöglicht.“

Emissionsfaktor geknüpft an Nachhaltigkeitskriterien

Zumindest die Grundidee blieb unverändert: Biogas ist klimaneutral: Art. 38 MRR wird weiterhin in Abs. 2 die Regelung enthalten, dass der Emissionsfaktor von Biomasse Null beträgt – nun aber ergänzt durch einen Verweis auf folgenden Absatz 5:

Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, müssen Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe, die für die Verbrennung verwendet werden, die Nachhaltigkeitskriterien und die Kriterien für Treibhausgaseinsparungen gemäß Artikel 29 Absätze 2 bis 7 und 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 [RED II] erfüllen.

Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe, die aus Abfällen und Reststoffen — mit Ausnahme von Reststoffen aus Landwirtschaft, Aquakultur, Fischerei oder Forstwirtschaft — hergestellt werden, müssen jedoch lediglich die Kriterien gemäß Artikel 29 Absatz 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 erfüllen. Dieser Unterabsatz gilt auch für Abfälle und Reststoffe, die vor ihrer Weiterverarbeitung zu Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen zuerst zu einem anderen Produkt verarbeitet werden.

Strom, Wärme und Kälte, die aus festen Siedlungsabfällen erzeugt werden, unterliegen nicht den in Artikel 29 Absatz 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 festgelegten Kriterien für Treibhausgaseinsparungen.

Die in Artikel 29 Absätze 2 bis 7 und 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 festgelegten Kriterien gelten unabhängig von der geografischen Herkunft der Biomasse.

Artikel 29 Absatz 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 gilt für Anlagen im Sinne von Artikel 3 Buchstabe e der Richtlinie 2003/87/EG [diese kryptische Formulierung dürfte auf die in der ETS-RL weit gezogenen Anlagengrenzen Bezug nehmen, die auch  verbundene Aktivitäten umfassen].

Die Einhaltung der in Artikel 29 Absätze 2 bis 7 und 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 festgelegten Kriterien wird gemäß Artikel 30 und Artikel 31 Absatz 1 dieser Richtlinie bewertet.

Entspricht die für die Verbrennung verwendete Biomasse nicht diesem Absatz, so gilt ihr Kohlenstoffgehalt als fossiler Kohlenstoff.

Betreiben Sie eine industrielle Anlage und haben Fragen zum Emissionsfaktor von Biogas im ETS? Sprechen Sie mich gerne an!

Internationales Kanzleiangebot gestartet

Internationales Kanzleiangebot

Unter der Domain www.boehlaw.com ist seit Anfang des Jahres ein internationales Kanzleiangebot online. Während die materiell-rechtlichen Themen sich nicht von der hier angebotenen Beratung unterscheiden, ist die Einkleidung auf eine internationale Mandantschaft ausgerichtet. So biete ich Beratung als Environmental Lawyer in englischer Sprache, sowie mit Hilfe von Übersetzung auch auf Mandarin und weiteren Sprachen, an. Due Diligence steht ebenso auf dem Programm wie Unterstützung beim Genehmigungsmanagement lokaler Anlagen. Mit dem Time Zone Support Service können Mandanten in Übersee außerdem auf eine unterbrechungsfreie Kooperation bauen.

Neuer Artikel zum Abfallrecht

NVwZ 2020, 1737

In der Dezember-Ausgabe der NVwZ kommentiere ich das neueste Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Abfallrecht (C-629/19). In der Sache aus Österreich hatte der EuGH entschieden, dass Klärschlamm nicht notwendigerweise Abfall im Sinne der Abfallrahmenrichtlinie (ARRL) 2008/98/EG darstellt. Das war nicht anders zu erwarten, da die Abfalleigenschaft eben von einer Reihe Voraussetzungen abhängt, die vorliegen können oder eben auch nicht.

Bemerkenswert ist aber, was der EuGH zum Ende der Abfalleigenschaft (gemäß Art. 6 ARRL) erklärt. Danach ist es bei der Beurteilung, ob ein Verfahren im Sinne dieser Vorschrift vorliege, auch zu berücksichtigen, wenn die spätere Verwendung umweltfachlich günstig ist. Das steht so nicht in der Vorschrift. Diese erklärt vielmehr den gegenteiligen Fall, nämlich dass kein die Abfalleigenschaft beendendes Verfahren vorliege, wenn die ganze Sache der Umwelt schade. Der EuGH scheint also von einer bilanziellen Betrachtung der Umweltfreundlichkeit einer Verwendung auszugehen. Das ist eine neue Doktrin.

Zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen baurechtswidrige Nutzung

Baurechtswidrige Nutzung

Gerichte müssen die Öffentlichkeit zuweilen an das Offensichtliche erinnern. Den Bundesgerichten fällt diese Aufgabe freilich seltener zu, da der Rechtsweg dorthin teuer und beschwerlich ist. Heute war es aber wieder so weit (BGH, Urteil vom 27. November 2020 – V ZR 121/19: Zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen baurechtswidrige Nutzung).

Der BGH verurteilte den Inhaber eines Pferdehofs und den Betreiber einer Reitschule dazu, die Nutzung ihrer Betriebe zu unterlassen (§§ 1004, 906 BGB). Zuvor war ihnen die entsprechend beantragte Genehmigung 2013 behördlich verweigert und auch verwaltungsgerichtlich nicht mehr erteilt worden. Die Nutzung war nämlich wegen Verletzung des Rücksichtnahmegebots baurechtlich unzulässig.

Erstaunlich an diesem Urteil ist in erster Linie, dass es überhaupt existiert. Nicht nur wäre man geneigt anzunehmen, dass ein behördlich und verwaltungsgerichtlich für unzulässig erklärtes Vorhaben niemals umgesetzt wird. Auch sollte man meinen, dass der Betrieb dann im Wege des Verwaltungszwangs schneller hätte unterbunden werden können als auf zivilrechtlichem Wege. Denn dieser erfordert ja ein rechtskräftiges Urteil, sprich: jahrelanges Prozessieren.

LULUCF-Emissionen ab 2021 verboten

Von der Verpflichtungsperiode 2021-2025 an sind Nettoemissionen aus den Sektoren Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF-Emissionen) in der EU verboten. Dies sieht die Verordnung (EU) 2018/841 vom 30. Mai 2018 vor. Global betrachtet geht laut IPCC knapp ein Viertel der anthropogenen Treibhausgas-Emissionen auf den LULUCF-Sektor zurück. In der EU ist dieser Anteil zwar bedeutend geringer. Dennoch müssen diese Emissionen adressiert werden; dies nicht zuletzt, weil der im Europäischen Emissionshandel für Biomasse-Energie angesetzte Emissionsfaktor von 0 nur dann mit den IPCC-Leitlinien vereinbar ist, wenn die mit der Biomasse-Gewinnung verbundenen Emissionen anderweitig berücksichtigt werden (vgl. Erwägungsgrund 15). Allerdings behandelt die Verordnung nur solche Emissionen als verbotene Netto-Emissionen, die über das Niveau einer bestimmten Baseline hinausgehen. Tatsächlich werden die Sektoren also weiterhin Emissionen verursachen. Der vorliegende Beitrag stellt die Verordnung und ihre Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland vor.

Geltungsbereich und Verpflichtung

Die Verordnung findet Anwendung auf die Treibhausgase CO2, CH4 und N2O (vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 iVm Anhang I Abschnitt A). Während der ersten Verpflichtungsperiode 2021-2025 sind nur Emissionen und Abbau aus Aufforstung, Entwaldung, bewirtschaftete Acker- und Waldflächen sowie von bewirtschaftetem Grünland zu berücksichtigen. Bewirtschaftete Feuchtgebiete sind erst in der zweiten Verpflichtungsperiode 2026-2030 verpflichtend einzubeziehen, können aber freiwillig schon früher berücksichtigt werden (Art. 2 Abs. 1 und 2).

Die zentrale Verpflichtungsnorm findet sich in Art. 4. Danach dürfen in den beiden Verpflichtungsperioden jeweils nicht mehr Treibhausgase aus den genannten Kategorien emittiert als abgebaut werden. Eine Verrechnung zwischen verschiedenen LULUCF-Sektoren ist aber möglich. So können Emissionen aus der Landwirtschaft gegen Forst-Senken gerechnet werden. Veränderungen des Kohlenstoffbestands in den Kohlenstoffspeichern sind ebenfalls zu berücksichtigten (Art. 5 Abs. 4). Zu den Kohlenstoffspeichern im Sinne dieser Vorschrift zählen unter anderem unterirdische Biomasse, organischer Kohlenstoff im Boden und Holzprodukte (in den Kategorien aufgeforstete Flächen und bewirtschaftete Waldflächen), vgl. Anhang I Abschnitt B.

Ermittlung der Netto-Emissionen

Ackerflächen und Grünland

Doch wenn LULUCF-Emissionen – wie geplant – ab 2021 verboten sein sollen, muss man sie auch ermitteln können. Die Netto-Emissionen aus bewirtschafteten Ackerflächen und bewirtschaftetem Grünland sind gemäß Art. 7 wie folgt zu bestimmen:

Zunächst ermitteln die Mitgliedsstaaten die Emissionen des jeweiligen Sektors über die gesamte Verpflichtungsperiode hinweg. Hiervon ziehen sie die Emissionen ab, die während der Baseline-Periode 2005 bis 2009 von dem Sektor ausgingen. In der Bundesrepublik gingen während der Baseline-Periode durchschnittlich 13.232,5 kt CO2e pro Jahr auf bewirtschaftetes Ackerland zurück, im Jahr 2017 (letzte verfügbare Daten) dagegen 15.115,3 kt. Würde sich dieser Wert halten, müssten die Bundesrepublik sich jährlich 1.882,8 kt THG-Emissionen aus der Bewirtschaftung von Ackerflächen ins Buch schreiben. Bei bewirtschaftetem Grünland fand mit 22.548 kt im Jahr 2017 dagegen eine Verbesserung gegenüber dem Durchschnitt der Baseline-Periode (24.305 kt) in Höhe von 1.757 kt statt.

Bewirtschaftete Waldflächen

Komplizierter ist die Verbuchung bei bewirtschafteten Waldflächen. Denn der Vergleich mit einer unionsweiten Baseline-Periode würde den natürlichen Umständen, dynamischen altersbedingten Waldstrukturen und der früheren und gegenwärtigen Bewirtschaftungspraktiken nicht gerecht (Erwägungsgrund 16). Die Netto-Emissionen aus der jeweiligen Verpflichtungsperiode werden daher nicht mit jenen aus einer Baseline-Periode verglichen, sondern mit einem hypothetischen Emissionenszenario für die Verpflichtungsperiode (Art. 8 Abs. 1). Dieser „Referenzwert für Wälder“ beruht auf einer Extrapolierung nachhaltiger Waldbewirtschaftungspraxis während der Jahre 2005 bis 2009 im jeweiligen Mitgliedsstaat und bildet so dessen spezifische Waldstruktur ab (Art. 8 Abs. 4).

LULUCF-Emissionen sind ab 2021 verboten. Die Bewirtschaftung von Waldflächen bietet bilanzielles Potential

Der vorläufige Referenzwert für die Bundesrepublik beträgt -10.022,4 kt/a und wird bis Ende Oktober 2020 durch den finalen Wert ersetzt (Art. 8 Abs. 10). Das ist deshalb verwunderlich, weil die Nettoemissionen in den Jahren 2005-2009 mit durchschnittlich -47.592,9 kt deutlich niedriger lagen. Hintergrund könnte insbesondere ein alternder – und somit immer weniger CO2 bindender – Baumbestand sein. Allerdings betrugen die Nettoemissionen im Jahr 2017 sogar -57.590,5 kt – also stattliche 47.568,2 kt unter dem Referenzwert! Auch im nationalen Anrechnungsplan für die Forstwirtschaft von Dezember 2018 wurde noch ein Referenzwert von -39.217 kt vorgeschlagen. Die um Erläuterung gebetene Expertengruppe in der EU-Kommission verwies mich an das Bundesumweltministerium, da der neue Referenzwert gemäß Art. 8 Abs. 7 von dieser vorgeschlagen wurde. Ich habe meine Anfrage daher dort wiederholt. Die Antwort wird voraussichtlich mit der immensen Trockenheit der vergangenen beiden Sommer zu tun haben.

Übersteigt der THG-Abbau durch bewirtschaftete Waldflächen deren THG-Emissionen, kann das Delta gemäß Art. 8 Abs. 2 indes nur in begrenztem Umfang zum Ausgleich anderer LULUCF-Emissionen herangezogen werden. Der Abzug beträgt maximal (jährlich) 3,5% der forstwirtschaftlichen Emissionen aus dem landesspezifischen Basisjahr (für Deutschland gemäß Anhang III: 1990). Da die Emissionen damals -75.256,3 kt betrugen, kann die Bundesrepublik für die gesamte erste Verpflichtungsperiode maximal 5×3.5% von diesem Wert, mithin -13.170 kt als negative Emissionen aus diesem Sektor ausweisen.

Zusammenfassung

Emissionen aus den Sektoren Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF-Emissionen) sind ab 2021 in der EU formal verboten. Als Netto-Emissionen zählen aber nur Emissionen, die über eine bestimmte Baseline hinausgehen. Diese bestimmt sich bei Ackerflächen und Grünland nach den Emissionen in den Jahren 2005-2009, und bei Wäldern nach einem hypothetischen Referenzwert. Gerade in Deutschland übersteigt der Abbau daher bei weitem die Emissionen. Der Effekt wird durch eine nur teilweise Berücksichtigung der vom Wald verursachen negativen Emissionen begrenzt. Dennoch ist die Frage erlaubt, ob hier wirklich Netto-Emissionen vermieden werden, oder ob nicht einfach – wie bei CORSIA für den internationalen Flugverkehr – Emissionen auf hohem Niveau dauerhaft festgeschrieben werden.

Die neue BKompV: Ausgleich und Ersatz von Eingriffen in die Natur

Die neue Bundeskompensationsverordnung (BKompV) regelt die Kompensation von Eingriffen in die Natur. Die Verordnung, deren Entwurf hier abrufbar ist, wird aus kompetenzrechtlichen Gründen leider nur für Eingriffe durch Vorhaben gelten, die ausschließlich der Bundesverwaltung unterliegen (insb. BNetzA, EBA, Bundeswehr, BImA und Fernstraßenbundesamt). Für große Infrastrukturvorhaben wird die Verordnung aber zu einer erheblich verbesserten Planungssicherheit führen. Vorhabenträger werden sich künftig nicht mehr durch das Dickicht unterschiedlicher Landesregelungen kämpfen müssen.

Die Verordnung unterscheidet zwischen Einwirkungen auf Biotope (= Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wild lebender Tiere und Pflanzen, vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG) und auf weitere Schutzgüter (Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Luft, und Landschaftsbild, vgl. Anlage 1 Spalte 1) und ihre Funktionen.

Wann besteht eine Ausgleichspflicht?

Ob ein Eingriff ausgeglichen werden muss, bestimmt sich anhand einer Matrix in Anlage 3. Diese trägt den Wert eines Biotops oder einer Schutzgut-Funktion gegen die Intensität des Eingriffs auf. Nur Eingriffe, denen danach eine „erhebliche Beeinträchtigung“ (eB) oder „erhebliche Beeinträchtigung besonderer Schwere“ (eBS) zugeschrieben wird, sind gemäß § 7 ausgleichspflichtig.

Anlage 3 BKompV enthält eine Matrix zur Bestimmung der Notwendigkeit von Ausgleich und Ersatz von Eingriffen.

So sind geringe Eingriffe nur bei hochwertigen Biotopen oder Schutzgut-Funktionen ausgleichspflichtig; Eingriffe mit hoher Intensität bedürfen dagegen schon bei geringwertigen Biotopen oder Schutzgut-Funktionen des Ausgleichs.

Bewertung von Biotopen und Schutzgütern bzw. Funktionen

Betroffene Biotope oder Schutzgüter bzw. Funktionen müssen deshalb zunächst bewertet werden. Die Bewertung von Biotopen erfolgt anhand einer ausdifferenzierten Tabelle in Anlage 2 in Verbindung mit einer Anpassungsoption und Zuordnungsregel in § 5. So ist die Bedeutung eines normalen Ackers als Biotop in der Regel gering (im Sinne der Matrix in Anlage 3), die Bedeutung von waldfreien Niedermooren dagegen hoch bis hervorragend.

Die Wertstufe weiterer Schutzgüter und ihrer Funktionen ist dagegen anhand der Tabelle in Anlage 1 zu ermitteln. Zur Illustration zeigt der nachfolgende Ausschnitt die Einträge für die Schutzgüter Boden und Klima:

Anlage 1 BKompV listet Schutzgüter und ihre Funktionen im Naturhaushalt auf.

Kompensation von Biotop-Eingriffen

Wurde mit der Matrix in Anlage 3, also auf Grundlage der nach Anlage 2 (Biotope) bzw. 1 (weitere Schutzgüter) ermittelten Wertstufen der Schutzgüter sowie der Intensität des Eingriffs, eine Kompensationspflicht ermittelt, folgt als Rechtsfolge die Ausgleichs- bzw Ersatzpflicht.

Erhebliche Beeinträchtigungen von Biotopen sind gemäß § 8 stets auszugleichen. Die Aufwertung erfolgt dabei wiederum anhand des (ggf. gemäß § 5 Abs. korrigierten) Biotopwerts nach Anlage 2. Dabei werden schlichtweg die Biotopwerte vor und nach der Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahme mit ihrer jeweiligen Fläche multipliziert und dann miteinander verglichen. Für Entsiegelungen gibt es zusätzliche Punkte, um einen Anreiz für diese regelmäßig besonders teure Aufwertungspraxis zu schaffen. Sie hat im selben Naturraum (siehe Karte in Anlage 4) stattzufinden wie der Eingriff.

Kompensation von Eingriffen in weitere Schutzgüter und Funktionen

Eingriffe in weitere Schutzgüter und Funktionen sind dagegen nur bei Vorliegen einer „erheblicher Beeinträchtigung besonderer Schwere“ selbständig kompensationspflichtig, § 7 Abs. 2. Erhebliche Beeinträchtigungen ohne besondere Schwere werden laut Verordnungsbegründung schon hinreichend durch eine Biotop-Kompensation ausgeglichen:

Die fachliche Begründung für die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen aller Naturgüter durch eine Aufwertung im Sinne des Biotopwertverfahrens mit kompensiert werden können, liegt in der Repräsentativität der Biotope für das Wirkungsgefüge im Naturhaushalt insgesamt. Biotopaufwertungen haben somit in aller Regel positive Auswirkungen für sämtliche Funktionen des Naturhaushalts.

BT-Drs. 19/17344, Seite 192

Darüber mag man denken, was man will. Es bedeutet jedenfalls, dass die Kompensation sich nach dem gegenüber § 8 strengeren § 9 bestimmt. Dieser sieht vor, dass Beeinträchtigungen auszugleichen bzw. zu ersetzen sind, indem die betroffene Funktion unter Berücksichtigung der Maßgaben nach Anlage 5 Abschnitt A Spalte 3 wiederhergestellt wird. Der vorrangige Ausgleich hat dabei im in Spalte 4 derselben Tabelle bezeichneten Raum stattzufinden. Der nachrangige Ersatz darf sich einen Platz im größerräumigen Naturraum (vgl. Karte in Anlage 4) suchen. Eine Kompensation darf entfallen, wenn Eingriffe bereits Gegenstand spezialgesetzlicher Vorschriften sind, vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3. Es steht zu hoffen, dass dies nicht z.B. für Klimaschutzmaßnahmen nach dem ETS gilt.

Der nachfolgende Ausschnitt spezifiziert die Maßnahmen für das Schutzgut Boden; für das Schutzgut Klima sind kurioserweise keine Maßnahmen vorgesehen. Beachte, dass die Vorgaben in Spalte 3 ausdrücklich nicht abschließend sind.

Anlage 5 BKompV bestimmt Maßnahmen zum Ausgleich erheblicher Beeinträchtigungen besonderer Schwere

Sonstiges

Bei den Kompensationsmaßnahmen sind agrarstrukturelle Belange zu berücksichtigen, § 10. Das bedeutet neben der Einbindung der zuständigen Behörden insbesondere, dass für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur nachrangig für Kompensationsmaßnahmen in Anspruch genommen werden dürfen.

Soll eine Kompensation durch Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen, Entsiegelungs- oder Wiedervernetzungsmaßnahmen (als Maßnahmen im Sinne von Anlage 5 Abschnitt A) erfolgen, hat dies gemäß § 11 nach Maßgabe von Anlage 6 zu erfolgen.

Gemäß § 12 Abs. 3 kann der Verursacher eines Eingriffs die Durchführung von Kompensationsmaßnahmen durch Vertrag auf die BImA oder eine nach Landesrecht anerkannte Einrichtung übertragen.

§§ 13 bis 16 schließlich regeln die Möglichkeit einer Ersatzgeldzahlung. Diese kommt in Betracht, wenn der Ausgleich oder Ersatz einer Beeinträchtigung nicht innerhalb einer angemessenen Frist möglich ist.

Zusammenfassung

Die neue BKompV regelt die Kompensation von Eingriffen in die Natur durch von Bundesbehörden verwaltete Vorhaben. Sie behandelt Biotope allerdings wesentlich anders als sonstige Schutzgüter, was sich negativ auf den Schutz allgemeiner Funktionen des Naturhaushalts auswirkt. Hier besteht noch Nachbesserungsbedarf.

Novellierung der Düngeverordnung

Der Bundesrat hat am 27. März der Novellierung der Düngeverordnung zugestimmt. Die Überarbeitung dient der Umsetzung einer Entscheidung des EuGH, in dem die Bundesrepublik wegen der zu hohen Nitratbelastungen hiesiger Grundwässer verurteilt wurde (C-543/16).

Mit der Novelle wurden unter anderem folgende Regelungen angepasst:

  • Erhöhung der Gewässerabstände ohne Düngung auf 3/5/10 Meter bei Flächen ab 5/10/15 % Hangneigung,
  • Verlängerung der Sperrfrist für Festmist und Kompost um zwei Wochen vom 01.12. bis zum 15.01.,
  • Einführung einer Sperrfrist für das Aufbringen von phosphathaltigen Düngemitteln auf Acker- und Grünland flächendeckend vom 01. Dezember bis zum 15. Januar,
  • Begrenzung der Aufbringung flüssiger organischer Düngemittel auf Grünland im Herbst auf 80 kg Gesamtstickstoff je Hektar,
  • Ersatz des Nährstoffvergleichs durch eine Aufzeichnungspflicht der tatsächlich ausgebrachten Dünger,
  • Erhöhung der Mindestwirksamkeit von Rinder- und Schweinegülle sowie flüssigen Gärresten um 10 Prozentpunkte auf Ackerland ab 01.02.2020 und auf Grünland ab 01.02.2025,
  • Ergänzung der Tabellen mit den Nährstoffgehalten pflanzlicher Erzeugnisse um die Phosphatgehalte

In den besonders stark mit Nitrat belasteten Gebieten werden erstmals bundesweit folgende verpflichtende Maßnahmen vorgeschrieben:

  • Verringerung des Düngebedarfs um 20 Prozent im Durchschnitt der Flächen des Betriebes, die dieser in nitratbelasteten Gebieten bewirtschaftet (Ausnahmen für gewässerschonend wirtschaftende Betriebe, die weniger als 160 kg Gesamtstickstoff je Hektar und davon nicht mehr als 80 kg Gesamtstickstoff je Hektar in Form von mineralischen Düngemitteln aufbringen; Länderermächtigung, unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen für Dauergrünland vorzusehen);
  • Einführung einer schlagbezogenen Obergrenze für die Ausbringung von organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln in Höhe von 170 kg Gesamtstickstoff je Hektar (gilt nicht für gewässerschonend wirtschaftende Betriebe; s.o.);
  • Verbot der Herbstdüngung von Winterraps und Wintergerste sowie von Zwischenfrüchten ohne Futternutzung (Ausnahme für Winterraps, wenn durch eine Bodenprobe nachgewiesen wird, dass die verfügbare Stickstoffmenge im Boden unter 45 kg Stickstoff je Hektar liegt);
  • Stickstoffdüngung bei Kulturen mit einer Aussaat oder Pflanzung nach dem 1. Februar nur, wenn auf der betroffenen Fläche im Herbst des Vorjahres eine Zwischenfrucht angebaut wurde (Ausnahme bei spät geernteter Vorfrucht im Herbst und in besonders trockenen Gebieten);
  • Verlängerung der Sperrfrist, in der kein Festmist und Kompost ausgebracht werden darf, auf drei Monate (1.11. – 31.01.; derzeit 15.12. – 15.01.).
  • Verlängerung der Sperrfrist für Grünland um vier Wochen (01.10. – 31.01.; derzeit 01.11. – 31.01.);
  • Begrenzung der Aufbringung flüssiger organischer Düngemittel auf Grünland im Herbst auf 60 kg Gesamtstickstoff je Hektar.